„Cheffe versenken“ – eine Arbeitsstelle und diverse Todesfälle
Trixi ist 30 und schlägt sich mit kurzen Gelegenheitsjobs
mehr schlecht als recht durchs Leben: sie wohnt bei ihrer älteren Schwester und
deren 14jähriger Tochter, aber auch ihrer Schwester ist Trixis laxer
Lebenswandel allmählich ein Dorn im Auge. Da Trixi auch ihren Mietanteil eher
unregelmässig bezahlt, hat die grosse Schwester nun beschlossen, Trixi
rauszuwerfen und das freie Zimmer an eine Arbeitskollegin zu vermieten und
nachdem die Eltern es seit geraumer Zeit auch unterlassen, Trixi finanziell zu
unterstützen, muss Trixi in den sauren Apfel beissen und sich wohl oder übel um
einen anständigen Job bemühen.
Dank ihrer Bekannten Edith ergattert Trixi eine Anstellung
beim örtlichen Reiseführerverlag Bellersen: dort soll sie anlässlich des
Firmenjubiläums eine Chronik schreiben. Trixi ist von ihrer neuen Arbeitsstelle
nur wenig begeistert (im düsteren Gebäude fühlt sie sich eingesperrt, die
Arbeit ist ihr zu trocken, die Kollegen sind entweder zickig oder reichlich
kauzig…) und ist schon nach dem ersten Tag reichlich gelangweilt und genervt –
einzig ihr attraktiver Kollege Alan vermag ihr Interesse zu wecken und dann
erhält sie auch noch anonyme Hinweise auf längst verstorbene Mitarbeiter des
Verlags, deren Todesumstände doch teils schon mysteriös erschienen, nachdem
doch kürzlich auch erst der Pressesprecher des Verlages mit dem Auto auf einem
Bahnübergang stehend tödlich verunglückt ist.
Trixis Nichte Rahel und auch ihre Vermieterin Florence sind
sicher, dass bei Bellersen düstere Geheimnisse versteckt werden und bemühen
sich, auch Trixi mit dem Detektiv-Virus anzustecken, die sich auch nur zu gerne
von der knochentrockenen Firmenhistorie ablenken lässt…
„Cheffe versenken“: Latti hat`s gelesen!
„Cheffe versenken“ ist eine kriminalistisch angehauchte
Komödie oder auch ein komödiantisch angehauchter Krimi (allerdings ohne die
klassischen Ermittlerfiguren wie Polizisten und Staatsanwälte); in jedem Fall
ist es ein klarer Frauenroman, der dem Chicklit-Grenre aber schon ein wenig
entwachsen zu sein scheint. Denn in den typischen Chick-Lit-Romanen geht es
letztlich nur um eines: Er und sie streiten sich (zumindest in den meisten
Geschichten), bis sie sich am Ende doch kriegen. Hier ist es so, dass Alan
überhaupt der einzige Mann in „Cheffe versenken“ ist, der überhaupt für Trixi
von Interesse sein könnte (ach, nein, stopp, da gibt’s auch noch den Ex-Freund)
und während Trixi von Anfang an von ihm fasziniert zu sein scheint, ist das
Verhältnis der Beiden anfangs eher kollegial und wird eher unromantisch
geschildert, so dass man auch damit rechnen könnte, dass es hier platonisch
bleibt. Nicht zuletzt bleibt bis zum Ende unklar, ob Alan nicht doch auch in
die düsteren Geschehnisse bei Bellersen verwickelt ist; da habe ich als Leserin
automatisch auf Abstand geschaltet.
Ohnehin geht es beim Bellersen-Verlag doch sehr
undurchsichtig zu und sämtliche Kollegen Trixis haben so ihre gewisse
Eigenarten; man wurde schon anfangs auf die dubiosen Todesumstände des
Pressesprechers hingewiesen und so entstand doch auch von vornherein ein
gewisses Grundmisstrauen.
Trixi in ihrer locker-lässigen Art war nun insofern für mich
nicht die grosse Sympathieträgerin, da ich stellenweise angesichts gewisser
Naivitäten schonmal dachte: „Himmel, herrjeh, Mädel, du bist 30! 30!!!“
Andererseits fand ich die Art, mit der sie das Leben anging, irgendwie schon
sehr schön fröhlich-sorglos, was ich nun mochte, aber ich denke, jemand, der
doch eher konservativ eingestellt ist (gemäss: ordentliche Ausbildung machen,
fleissig Vollzeit arbeiten, sich ein gemütliches Nest bauen und eine
tiefergehende, längerfristige Beziehung eingehen – bloss nicht die
Altersvorsorge vergessen!), wird arge Schwierigkeiten haben, mit Trixi
warmzuwerden.
„Cheffe versenken“ ist sehr lokal eingefärbt; die Geschichte
spielt weitgehend in Gütersloh, wo die Autorin auch lebt. Gütersloh ist nun
nicht meine Heimatstadt, liegt aber sehr nah an derselben und ich kenne mich in
Gütersloh nun auch, grad was den Innenstadtbereich angeht, leidlich gut aus.
Christiane Güth hat nun diverse Örtlichkeiten erfunden bzw. umbenannt: d.h. wer
die Beschreibung des Bellersen-Verlagsgebäudes liest und wo der Verlag laut
Güth seinen Sitz in Gütersloh hat (sämtliche Strassenbezeichnungen sind echt),
der kann sich, sofern er sich in Gütersloh auskennt, denken, welches Gebäude
Frau Güth beim Schreiben im Kopf hatte. Wer liest, wie ein Lokal beschrieben
wird, welches laut der Autorin in „Cheffe versenken“ am Kolbeplatz liegt, der
verbindet auch gleich ein ganz bestimmtes Lokal damit. Für Gütersloher sind in
„Cheffe versenken“ also durchaus lokale Wiedererkennungsmerkmale vorhanden.
Allerdings stehe ich dieser ausgeprägten Form von
Lokalkolorit ein wenig skeptisch gegenüber: mich nerven einfach nur
eingestreute Strassenbezeichnungen generell, ganz besonders, wenn ich mich wo
eh nicht auskenne. In diesem Fall war es für mich ja nun ganz einfach: wenn
Trixi am Berliner Platz war, dann wusste ich grad ganz genau, wo sie sich in
Gütersloh aufhielt. Zudem weiss ich ebenso, wo der Kolbeplatz ist genauso wie
mir bewusst ist, wo der Rhedaer Forst liegt. Wer sich nun dort aber nicht
auskennt, der weiss die betreffenden Gegenden nicht ein- und auch nicht
zuzuordnen und es mag eine Eigenart von mir sein, aber ich mag es bei Romanen
prinzipiell nicht, wenn dort nur mit Strassennamen um sich geschmissen wird.
Mir ist entweder der gänzliche Verzicht auf Strassennamen oder die Benutzung
von alternativen Bezeichnungen wie „inmitten der Innenstadt“ oder „in
unmittelbarer Nähe zum Bahnhof“ deutlich lieber.
Weitaus irritierender empfand ich aber Ediths unklares
Alter: so wird sie am Romananfang als Frau Mitte 40 bezeichnet. Zum Ende des Romanes
hin hatte ich aber den Eindruck, dass Edith doch schon eher mindestens Mitte 50
sein müsste.
Apropos Ende: „Cheffe versenken“ endet doch sehr
überraschend. Zumindest hätte ich mit dieser Auflösung nicht gerechnet,
allerdings hat mich die Form der Auflösung auch ein wenig enttäuscht: so
dümpelte „Cheffe versenken“ anfangs doch in eher trübem Wasser vor sich hin,
aber das Ende explodierte regelrecht in einem dramatischen Showdown. Ich fand
das doch ein wenig zu überstürzt und angesichts des vorherigen ruhigen
Fahrwassers etwas überdramatisiert. Leider waren die detektivischen Ambitionen
hier auch von eher wenig Erfolg gekrönt; schlussendlich wusste man nur aufgrund
eines umfassenden Geständnisses, was warum und wieso das alles überhaupt
geschehen ist. Ich hätte es als deutlich galanter empfunden, wenn Trixi oder
auch Rahel bzw. Florence zuvor schon ein wenig mehr Puzzlestückchen entdeckt
hätten.
Der Titel „Cheffe versenken“ ist zwar lustig gewählt, aber
warum ausgerechnet dieser Titel auserkoren worden ist, erschliesst sich mir
immer noch nicht so ganz: ich hatte aufgrund des Titels anfangs die Erwartung,
dass hier beispielsweise später bestimmt irgendein Chef ertränkt werden wird
oder die Leiche des Chefs in irgendeinem Gewässer versenkt wird, aber nix da.
Zur Handlung passt „Cheffe versenken“ jetzt nicht so wirklich.
Aber der Titel hat immerhin seinen Zweck erfüllt: wie
anfangs schon erwähnt habe ich mir „Cheffe versenken“ aufgrund des ulkigen
Titels zugelegt (und dann dieser süsse Hase auf dem Cover – ein Hase kommt
übrigens auch nicht vor) ohne überhaupt gross auf die Kurzbeschreibung zu
achten. Ein Roman namens „Dubiose Todesfälle unter merkwürdigen Kollegen in
einem seltsamen Verlag“ oder so ähnlich hatte kaum meine Aufmerksamkeit
geweckt.
Insgesamt lässt sich „Cheffe versenken“ sehr flüssig lesen
und zweifelsohne handelt es sich hier um einen handwerklich gut gemachten
Roman, der eine zugegeben doch sehr seichte Geschichte erzählt und eindeutig
unter Trivialliteratur fällt. Einer dieser Romane, die ich gerne im
Strandurlaub oder auch im Wartezimmer bzw. während Spitalaufenthalten lese,
weil sie eben so fein sorglos sind und dadurch zumindest für eine kurze Zeit
eine nette Ablenkung darstellen.
Von daher unterscheidet sich „Cheffe versenken“ also nicht
allzu sehr von „Aber bitte für immer“ oder „Alle meine Schuhe“, aber „Cheffe
versenken“ blieb dann doch ein bisschen schwammiger und da ich die
letztgenannten beiden Romane, die ich eben doch noch einen kleinen Tick besser
als „Cheffe versenken“ fand, auch schon mit nur 6 von 10 Rauschmitteln bedacht
habe, muss ich hier nochmals einen Punkt abziehen und lande so letztlich bei
5 von 10 Rauschmitteln.
„Cheffe versenken“, Christiane Güth / Verlag: Ullstein / ISBN-10: 3548284191 / ISBN-13: 978-3548284194 / 256 Seiten / 8,99€ (Taschenbuch) / ebook-Preis: 7,99€
Preise (vom 29.01.2013) in der Schweiz: ex libris – CHF
10,80 (TB) / Thalia – CHF 13,50 (TB) /
Weltbild – CHF 12,90 (TB) [offenbar ist das ebook bei Schweizer Anbietern nicht
gelistet]
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