Sonntag, 9. September 2012

Alexandra Potter: „Der Wunschzettel“

Man stelle sich nur vor: alles, was man wünscht, wird wahr… Klingt toll, oder? Aber wenn man mal genau darüber nachdenkt: klingt es nicht auch irgendwie langweilig? In „Der Wunschzettel“ lernt Heather Hamilton, die Protagonistin dieses Romans von Alexandra Potter, was es bedeutet, wenn die eigenen Wünsche plötzlich sämtlich in Erfüllung gehen…

„Der Wunschzettel“: Die Geschichte der Heather Hamilton

Heather, Anfang 30, in London lebend ist nicht so recht zufrieden mit ihrem Leben: von klein auf träumt sie von einer Karriere als Fotografin, die für die grossen Magazine arbeitet. Stattdessen ist sie nun schon jahrelang als Assistentin für Brian, einen schwulen Hochzeitsfotografen, tätig. Die Bezahlung ist eher mittelprächtig – und nachdem sich ihr Freund Daniel als treulose Tomate entpuppte und von Heather hochkant hinausgeworfen wurde, trägt Heather die Mietkosten eher schlecht als recht. Ausserdem gelingt es ihr nicht, die Aufmerksamkeit ihres sexy Nachbarn auf sich zu ziehen; natürlich meint sie, ein paar Kilo zuviel auf den Rippen zu haben und wieso sind die Busse und Bahnen in London eigentlich immer a) zu spät und b) zu voll? Als ihr eine merkwürdige alte Dame begegnet, die Heather drängt, ihr ein Sträusschen Heidekraut abzukaufen, auf dass Heathers Wünsche zukünftig in Erfüllung gehen, greift Heather zu: weniger, weil sie an die wunscherfüllende Kraft des Heidekrauts glaubt als vielmehr um das alte Ömchen loszuwerden. Doch plötzlich läuft alles rund: Heather findet auf Anhieb einen netten Untermieter, den Amerikaner Gabe. Das Wetter ist plötzlich prima, die öffentlichen Verkehrsmittel immer pünktlich (inklusive eines freien Platzes für Heather), sie muss nicht mehr in Schlangen anstehen, sie nimmt ab und auf einmal kommt auch James, der begehrte Nachbar auf sie zu, und entpuppt sich als Heathers absoluter Traummann… Auch beruflich geht es aufwärts… Aber irgendwie merkt Heather, dass die Erfüllung all ihrer Wünsche sie nicht glücklich macht und diverse Wünsche auch unangenehme Nebeneffekte haben. Gewicht verlieren ist beispielsweise zwar toll, aber müssen deswegen auch die Brüste kleiner werden? Und sind nicht eigentlich andere Dinge viel wichtiger als immer einen freien Parkplatz zu finden?

 

„Der Wunschzettel“: Latti hat`s gelesen

Prinzipiell handelt es sich bei „Der Wunschzettel“ um nicht vielmehr als die Adaption eines Kindermärchens: die gewöhnliche Bürgerliche, nicht auf Rosen gebettet, auf der Suche nach der grossen Liebe. Dann trifft sie den Prinzen und muss kurz darauf feststellen, dass ihr Prinz aber eigentlich doch ein ziemlicher Schnösel ist und dass „alle Wünsche erfüllt bekommen“ nicht vielmehr als den berühmt-berüchtigte goldenen Käfig und jede Menge Langeweile bedeutet – abgesehen davon, dass natürlich all ausser ihr längst wissen, dass doch eigentlich der Sohn des Schuhmachers von nebenan der ideale Partner für sie ist… Wer Märchen mit Prinz und Prinzessin als Kind mochte, der wird „Der Wunschzettel“ lieben.

Hinter diesem Buch verborgt sich nette, romantische Unterhaltung, die allerdings zu einem ziemlich seichten (und natürlich vorhersehbaren) Ende führt. Wie es bei solchen Büchern halt ist: Happy Ending garantiert. Ich gebe zu: ich habe es gerne gelesen. Aber ich mag Märchen noch heute im Erwachsenenalter sehr gerne und bin auch den mystischen Dingen sehr zugetan.
Wer durch und durch Realist ist, wird dem Zauber des Heidekrauts kaum erliegen. Aber ist das Heidekraut überhaupt so wunderbar; handelt es sich nicht eher um self-fulfilling prophecies? Einiges lässt sich sicherlich so bzw. mit „Zufall“ erklären, aber eben nicht alles. Denn warum funktioniert die Wunscherfüllung ohne Heidekraut nicht? Oder ist das Heidekraut nur ein Symbol, dem Heather diese verwünschte Wirkung zuspricht ebenso wie Kinder überzeugt sind, dass ihr Teddybär sie nachts beschützt, so dass sie tatsächlich nicht einschlafen können, wenn der Teddy am Bettrand fehlt? Nun gut: das Ende war mir definitiv zu kitschig… Für ein glückliches Ende hätte etwas weniger Schmalz&Schnulz auch gereicht; deswegen ziehe ich in der Gesamtwertung auch ein paar Pünktchen ab. Denn ganz berauscht war ich nach dem Lesen nun nicht: ja, ich habe es in einem Rutsch und zwar gerne gelesen, aber der grosse Spannungsbogen blieb aus.
In erster Linie ist „Der Wunschzettel“ nunmal ein Liebesroman; die Handlung entspricht so ziemlich dem klassischen 20.15-Liebesfilm im Öffentlich-Rechtlichen und sogar die (Lese)Dauer. Ich bin ehrlich überrascht, dass das Printbuch knapp 450 Seiten haben soll: mir kam das ebook nun deutlich kürzer vor. Insgesamt: wer gerne liest, kann diesen Roman leicht an einem Abend gemütlich auf der Couch auslesen. Der deutschsprachige Titel „Der Wunschzettel“ ist übrigens leicht verfehlt: immerhin suggeriert er, dass es hier auch einen echten Wunschzettel gibt. Tut es aber nicht. Der Wunschzettel wird lediglich in Heathers Gedanken geschrieben, dass sie zum Beispiel, bevor sie ins Auto steigt, denkt: „Hoffentlich gibt’s keinen Stau.“ Und schon herrscht freie Fahrt. Es ist also nicht so, dass Heather einen echten Wunschzettel verfassen würde.
Der Originaltitel lautet „Be careful what you wish for“ (Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst) und ist eigentlich sehr viel treffender, da Heather merkt, dass es eigentlich immer irgendwelche Wechselwirkungen gibt und man schnell vergisst, welche Nebenwirkungen die eigenen Wünsche eigentlich haben können bzw. haben werden…

Insgesamt handelt es sich bei Alexandra Potters „Der Wunschzettel“ einfach um einen eher oberflächlichen Liebesroman, der unterschwellig aber auch eine Moral von der Geschicht vermitteln will. Nette Unterhaltung, nix Spektakuläres, nix Spannendes… aber doch ganz gut zum Lesen geeignet, wenn man im Kopfkino gerne eine in der heutigen Zeit spielende Romanze ohne aufwühlende Aufregungen sehen möchte.  

Zusammengefasst: 8 von 10 Rauschmitteln!


Buch-Info „Der Wunschzettel“, Alexandra Potter / Goldmann-Verlag / ISBN-10: 3442464366 / ISBN-13: 978-3442464364 / 448 Seiten / 7,95€ / ebook-Preis: 6,99€ 
Preise (vom 09.09.2012) in der Schweiz: exlibris – CHF 9,50 (Printbuch); CHF 7,90 (ebook) / Weltbild - CHF 11,90 (Printbuch); CHF 8,90 (ebook) / Thalia – CHF 14,90 (Printbuch); CHF 8,40 (ebook)

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