Dienstag, 29. Januar 2013

Christiane Güth: "Cheffe versenken"

[Bücher-ABC 2013] „Cheffe versenken“: der Titel entlockte mir ein spätpubertäres Kichern. „Cheffe versenken“: *hihi*, ein Schiffe-versenken-Wortwitz. Ja, jetzt, einige Zeit später, wundere ich mich da zwar ein wenig über mich selber, aber allein der Titel hat in diesem Fall dafür gesorgt, dass „Cheffe versenken“ von Christiane Güth  auf meinen Kindle wandern durfte. Der Buchbeschreibung habe ich ebenso wie den Rezensionen kaum Beachtung geschenkt; immerhin lautet der Titel dieses Romanes „Cheffe versenken“! Das klingt doch schon lustig, das kann sich doch nur lustig lesen lassen? Oder etwa nicht?



„Cheffe versenken“ – eine Arbeitsstelle und diverse Todesfälle


Trixi ist 30 und schlägt sich mit kurzen Gelegenheitsjobs mehr schlecht als recht durchs Leben: sie wohnt bei ihrer älteren Schwester und deren 14jähriger Tochter, aber auch ihrer Schwester ist Trixis laxer Lebenswandel allmählich ein Dorn im Auge. Da Trixi auch ihren Mietanteil eher unregelmässig bezahlt, hat die grosse Schwester nun beschlossen, Trixi rauszuwerfen und das freie Zimmer an eine Arbeitskollegin zu vermieten und nachdem die Eltern es seit geraumer Zeit auch unterlassen, Trixi finanziell zu unterstützen, muss Trixi in den sauren Apfel beissen und sich wohl oder übel um einen anständigen Job bemühen.

Dank ihrer Bekannten Edith ergattert Trixi eine Anstellung beim örtlichen Reiseführerverlag Bellersen: dort soll sie anlässlich des Firmenjubiläums eine Chronik schreiben. Trixi ist von ihrer neuen Arbeitsstelle nur wenig begeistert (im düsteren Gebäude fühlt sie sich eingesperrt, die Arbeit ist ihr zu trocken, die Kollegen sind entweder zickig oder reichlich kauzig…) und ist schon nach dem ersten Tag reichlich gelangweilt und genervt – einzig ihr attraktiver Kollege Alan vermag ihr Interesse zu wecken und dann erhält sie auch noch anonyme Hinweise auf längst verstorbene Mitarbeiter des Verlags, deren Todesumstände doch teils schon mysteriös erschienen, nachdem doch kürzlich auch erst der Pressesprecher des Verlages mit dem Auto auf einem Bahnübergang stehend tödlich verunglückt ist.

Trixis Nichte Rahel und auch ihre Vermieterin Florence sind sicher, dass bei Bellersen düstere Geheimnisse versteckt werden und bemühen sich, auch Trixi mit dem Detektiv-Virus anzustecken, die sich auch nur zu gerne von der knochentrockenen Firmenhistorie ablenken lässt…

„Cheffe versenken“: Latti hat`s gelesen!


„Cheffe versenken“ ist eine kriminalistisch angehauchte Komödie oder auch ein komödiantisch angehauchter Krimi (allerdings ohne die klassischen Ermittlerfiguren wie Polizisten und Staatsanwälte); in jedem Fall ist es ein klarer Frauenroman, der dem Chicklit-Grenre aber schon ein wenig entwachsen zu sein scheint. Denn in den typischen Chick-Lit-Romanen geht es letztlich nur um eines: Er und sie streiten sich (zumindest in den meisten Geschichten), bis sie sich am Ende doch kriegen. Hier ist es so, dass Alan überhaupt der einzige Mann in „Cheffe versenken“ ist, der überhaupt für Trixi von Interesse sein könnte (ach, nein, stopp, da gibt’s auch noch den Ex-Freund) und während Trixi von Anfang an von ihm fasziniert zu sein scheint, ist das Verhältnis der Beiden anfangs eher kollegial und wird eher unromantisch geschildert, so dass man auch damit rechnen könnte, dass es hier platonisch bleibt. Nicht zuletzt bleibt bis zum Ende unklar, ob Alan nicht doch auch in die düsteren Geschehnisse bei Bellersen verwickelt ist; da habe ich als Leserin automatisch auf Abstand geschaltet.
Ohnehin geht es beim Bellersen-Verlag doch sehr undurchsichtig zu und sämtliche Kollegen Trixis haben so ihre gewisse Eigenarten; man wurde schon anfangs auf die dubiosen Todesumstände des Pressesprechers hingewiesen und so entstand doch auch von vornherein ein gewisses Grundmisstrauen.

Trixi in ihrer locker-lässigen Art war nun insofern für mich nicht die grosse Sympathieträgerin, da ich stellenweise angesichts gewisser Naivitäten schonmal dachte: „Himmel, herrjeh, Mädel, du bist 30! 30!!!“ Andererseits fand ich die Art, mit der sie das Leben anging, irgendwie schon sehr schön fröhlich-sorglos, was ich nun mochte, aber ich denke, jemand, der doch eher konservativ eingestellt ist (gemäss: ordentliche Ausbildung machen, fleissig Vollzeit arbeiten, sich ein gemütliches Nest bauen und eine tiefergehende, längerfristige Beziehung eingehen – bloss nicht die Altersvorsorge vergessen!), wird arge Schwierigkeiten haben, mit Trixi warmzuwerden.

„Cheffe versenken“ ist sehr lokal eingefärbt; die Geschichte spielt weitgehend in Gütersloh, wo die Autorin auch lebt. Gütersloh ist nun nicht meine Heimatstadt, liegt aber sehr nah an derselben und ich kenne mich in Gütersloh nun auch, grad was den Innenstadtbereich angeht, leidlich gut aus. Christiane Güth hat nun diverse Örtlichkeiten erfunden bzw. umbenannt: d.h. wer die Beschreibung des Bellersen-Verlagsgebäudes liest und wo der Verlag laut Güth seinen Sitz in Gütersloh hat (sämtliche Strassenbezeichnungen sind echt), der kann sich, sofern er sich in Gütersloh auskennt, denken, welches Gebäude Frau Güth beim Schreiben im Kopf hatte. Wer liest, wie ein Lokal beschrieben wird, welches laut der Autorin in „Cheffe versenken“ am Kolbeplatz liegt, der verbindet auch gleich ein ganz bestimmtes Lokal damit. Für Gütersloher sind in „Cheffe versenken“ also durchaus lokale Wiedererkennungsmerkmale vorhanden.

Allerdings stehe ich dieser ausgeprägten Form von Lokalkolorit ein wenig skeptisch gegenüber: mich nerven einfach nur eingestreute Strassenbezeichnungen generell, ganz besonders, wenn ich mich wo eh nicht auskenne. In diesem Fall war es für mich ja nun ganz einfach: wenn Trixi am Berliner Platz war, dann wusste ich grad ganz genau, wo sie sich in Gütersloh aufhielt. Zudem weiss ich ebenso, wo der Kolbeplatz ist genauso wie mir bewusst ist, wo der Rhedaer Forst liegt. Wer sich nun dort aber nicht auskennt, der weiss die betreffenden Gegenden nicht ein- und auch nicht zuzuordnen und es mag eine Eigenart von mir sein, aber ich mag es bei Romanen prinzipiell nicht, wenn dort nur mit Strassennamen um sich geschmissen wird. Mir ist entweder der gänzliche Verzicht auf Strassennamen oder die Benutzung von alternativen Bezeichnungen wie „inmitten der Innenstadt“ oder „in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof“ deutlich lieber.

Weitaus irritierender empfand ich aber Ediths unklares Alter: so wird sie am Romananfang als Frau Mitte 40 bezeichnet. Zum Ende des Romanes hin hatte ich aber den Eindruck, dass Edith doch schon eher mindestens Mitte 50 sein müsste.

Apropos Ende: „Cheffe versenken“ endet doch sehr überraschend. Zumindest hätte ich mit dieser Auflösung nicht gerechnet, allerdings hat mich die Form der Auflösung auch ein wenig enttäuscht: so dümpelte „Cheffe versenken“ anfangs doch in eher trübem Wasser vor sich hin, aber das Ende explodierte regelrecht in einem dramatischen Showdown. Ich fand das doch ein wenig zu überstürzt und angesichts des vorherigen ruhigen Fahrwassers etwas überdramatisiert. Leider waren die detektivischen Ambitionen hier auch von eher wenig Erfolg gekrönt; schlussendlich wusste man nur aufgrund eines umfassenden Geständnisses, was warum und wieso das alles überhaupt geschehen ist. Ich hätte es als deutlich galanter empfunden, wenn Trixi oder auch Rahel bzw. Florence zuvor schon ein wenig mehr Puzzlestückchen entdeckt hätten.

Der Titel „Cheffe versenken“ ist zwar lustig gewählt, aber warum ausgerechnet dieser Titel auserkoren worden ist, erschliesst sich mir immer noch nicht so ganz: ich hatte aufgrund des Titels anfangs die Erwartung, dass hier beispielsweise später bestimmt irgendein Chef ertränkt werden wird oder die Leiche des Chefs in irgendeinem Gewässer versenkt wird, aber nix da. Zur Handlung passt „Cheffe versenken“ jetzt nicht so wirklich.
Aber der Titel hat immerhin seinen Zweck erfüllt: wie anfangs schon erwähnt habe ich mir „Cheffe versenken“ aufgrund des ulkigen Titels zugelegt (und dann dieser süsse Hase auf dem Cover – ein Hase kommt übrigens auch nicht vor) ohne überhaupt gross auf die Kurzbeschreibung zu achten. Ein Roman namens „Dubiose Todesfälle unter merkwürdigen Kollegen in einem seltsamen Verlag“ oder so ähnlich hatte kaum meine Aufmerksamkeit geweckt.

Insgesamt lässt sich „Cheffe versenken“ sehr flüssig lesen und zweifelsohne handelt es sich hier um einen handwerklich gut gemachten Roman, der eine zugegeben doch sehr seichte Geschichte erzählt und eindeutig unter Trivialliteratur fällt. Einer dieser Romane, die ich gerne im Strandurlaub oder auch im Wartezimmer bzw. während Spitalaufenthalten lese, weil sie eben so fein sorglos sind und dadurch zumindest für eine kurze Zeit eine nette Ablenkung darstellen.
Von daher unterscheidet sich „Cheffe versenken“ also nicht allzu sehr von „Aber bitte für immer“ oder „Alle meine Schuhe“, aber „Cheffe versenken“ blieb dann doch ein bisschen schwammiger und da ich die letztgenannten beiden Romane, die ich eben doch noch einen kleinen Tick besser als „Cheffe versenken“ fand, auch schon mit nur 6 von 10 Rauschmitteln bedacht habe, muss ich hier nochmals einen Punkt abziehen und lande so letztlich bei

5 von 10 Rauschmitteln.



Buch-Info

„Cheffe versenken“, Christiane Güth / Verlag: Ullstein / ISBN-10: 3548284191 / ISBN-13: 978-3548284194 / 256 Seiten / 8,99€ (Taschenbuch) / ebook-Preis: 7,99€
Preise (vom 29.01.2013) in der Schweiz: ex libris – CHF 10,80 (TB) / Thalia – CHF 13,50 (TB)  / Weltbild – CHF 12,90 (TB) [offenbar ist das ebook bei Schweizer Anbietern nicht gelistet]

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