Freitag, 29. März 2013

Arwyn Yale: "Greta Grünlich und das Sommerschloss"

[Bücher-ABC 2012] „Greta Grünlich und das Sommerschloss“ von Arwyn Yale, für mich ein eher aussergewöhnlicher Beitrag zum Bücher-ABC:  hierbei handelt es sich nämlich um keinen dicken Schmöker; nee, „Greta Grünlich und das Sommerschloss“ lässt sich auch nicht guten Gewissens als dünner Schmöker bezeichnen, denn prinzipiell ist „Greta Grünlich und das Sommerschloss“ einfach nur eine Kurzgeschichte. Ein kleines Märchen für Kinder.
Kinderbuch also. Denn die Geschichten, die die gängigen Kinderbücher erzählen, welche sich vornehmlich an Kinder ab drei Jahren richten, sind auch nicht unbedingt länger...und darum passt diese Kindergeschichte, welche offensichtlich bislang lediglich als ebook erhältlich ist, dann doch auch super zum Bücher-ABC.


„Greta Grünlich und das Sommerschloss“ - kleines Mädchen trifft auf kleinen Drachen

Vor 300 Jahren liess der damalige König in Klein Kleebach ein Schloss bauen: fortan verbrachte er die Sommer mit seiner Familie hier. Doch plötzlich blieb die Königsfamilie fort, war spurlos verschwunden, und das Schloss dem Verfall überlassen.
Heute ist das Schloss längst saniert, renoviert und umgebaut worden. So ist es zu einem beliebten
Ausflugsziel geworden, welches auch die siebenjährige Greta gemeinsam mit ihrer Familie besucht.


Zufällig entdeckt Greta dort einen geheimen Durchgang, der sie zu verborgenen magischen Räumen führt, wo sie auf den kleinen Drachen Polfino trifft. Der erzählt ihr, was es mit diesen Zimmern auf sich hat, in denen die Königsfamilie noch immer lebt – und wo sie inzwischen in den hinteren Räumen gefangen ist, denn offenbar ist bei den Bauarbeiten am Schloss ein magisches Tor beschädigt worden.
Mit Greta kann Polfino allerdings das Schloss verlassen und so machen sie sich gemeinsam auf, um die Hexe aufzusuchen, welche den Zauber wieder „reparieren“ kann, so dass die Königsfamilie den verzauberten Teil des Schlosses auch wieder verlassen kann...

„Greta Grünlich und das Sommerschloss“: Latti hat`s gelesen

Liest man die Geschichte Kindern vor, wird man dafür sicherlich kaum mehr als 20 Minuten benötigen. Da zudem keine gruseligen Elemente vorkommen, eignet sich „Greta Grünlich und das Sommerschloss“ definitiv auch als Gute-Nacht-Geschichte: es steht nicht zu befürchten, dass die Kinder diese Erzählung als so aufregend und angsteinflössend empfinden als dass sie hernach nicht einschlafen könnten oder nur schlecht träumten.

Insgesamt liest sich diese Geschichte unterhaltsam, aber wenig aufregend im Sinne von nervenaufreibend. Eine gewisse Spannung entsteht bei den meisten Kindern aber bereits durch die Kombination aus Drache (oh, wie putzig, aber vielleicht doch auch gefährlich?) und Hexe (gut oder böse?).
Im Nachhinein ist mir aber aufgefallen, dass es hier doch aber auch ein wenig hakt: die Geschichte macht deutlich, dass sich Drache und Hexe nicht wirklich grün sind. Zudem wird anfangs angedeutet, dass sich die Königsfamilie in den geheimen Räumen verschanzt hat, weil besagte Hexe sie vor Gefahr gewarnt hat und diese Warnung immer wieder erneuert hat... Für mich klang das alles ein wenig so als habe die Hexe die Familie absichtlich dort eingekerkert, um die Macht des Königs zu untergraben oder Ähnliches. Aber dies alles bleibt offen: war die Hexe wirklich davon überzeugt, dass die Königsfamilie in Gefahr schwebte; lauerten damals tatsächlich ständig Gegner des Königs vor den Schlosstoren und warteten nur auf einen guten Angriffszeitpunkt? Und warum hat sich die Hexe in den letzten 300 Jahren keinen Deut mehr um die Königsfamilie geschert, von der sie doch gewusst haben muss, dass sich diese noch im Schloss befindet?
Die Hexe blieb also geheimnisvoll: war sie nun gut, weil sie sich auch gleich bereit erklärte, den Zauber wieder in Ordnung zu bringen, oder war sie böse und hatte die Familie absichtlich in den versteckten Zimmern festgehalten?
Aber wie gesagt: das ist mir erst einige Zeit nach dem Lesen von „Greta Grünlich und das Sommerschloss“ durch den Kopf geschossen. Wenn man Glück hat, haken die Kinder hier nicht weiter nach. Fragen sie aber doch, kann man sich immerhin durchaus mit den Kindern gemeinsam eine kleine Nebenhandlung zu „Hexe – was, wieso, warum?“ überlegen.

Vielleicht gibt es ja irgendwann auch noch weitere Geschichten rund um Greta und Polfino, Hexe und Königsfamilie?! Wäre jedenfalls sehr nett, da Greta und der Zwergdrache doch ein sehr liebenswertes Team bilden.

Was mich aus pädagogischer Sicht allerdings etwas gestört hat: in den magischen Räumen vergeht die Zeit langsamer als in der Aussenwelt. So hat Greta das Gefühl, nur einige wenige Minuten in den geheimen Räumen gewesen zu sein, während tatsächlich aber bereits der komplette Tag vorbeigegangen ist. Sprich: ihre Familie ist vormittags mit ihr zum Schloss gefahren, wo Greta spurlos verschwunden ist – die Sorge ihrer Familie wird allerdings gar nicht thematisiert und in der Geschichte klingt es so als sei ihre Familie später heimgefahren, um dort auf Nachrichten zu warten, frei nach dem Motto „Ach, das Kind taucht schon wieder auf“. Polizisten und Suchmannschaften erhalten in „Greta Grünlich und das Sommerschloss“ erst gar keinen Raum. Kinder könnten hier den falschen Eindruck bekommen, dass sie durchaus mal einfach fortlaufen können, denn schlussendlich sind doch alle nur froh, wenn man gesund und munter heimkommt, dass es auch erstmal niemanden interessiert, wo man überhaupt gewesen ist.
An dieser Stelle muss man unbedingt ansetzen und beispielsweise mit den Kindern gemeinsam überlegen, was in Gretas Familie während des Tages vorgegangen ist, wie sich ihre Angehörigen gefühlt haben, was sie sicherlich unternommen haben werden...
Zugegebenermassen empfinde ich es aber auch als dämlich, dass die Familie das siebenjährige Kind dort in einem Vorraum alleine hat warten lassen, während die Anderen nochmals die Toiletten aufsuchten. Kinder werden sich allerdings kaum daran stören, dass Greta dort alleine warten sollte; sie werden sich vermutlich höchstens beschweren, dass sie dort nicht alleingelassen werden würden, obwohl sie doch auch schon gross und in Gretas Alter sind – und für die meisten Drei-,Vierjährigen sind siebenjährige Kinder ohnehin doch schon quasi Erwachsene, dass es der ganz jungen Zielgruppe als durchaus wahrscheinlich erscheinen kann dass man mit sieben Jahren auch mal mitten im Touristentrubel alleingelassen wird.
Nichtsdestotrotz würde ich die Geschichte aber damit abschliessen, dass die kindliche Abenteuerlust niemals die elterliche Sorge überwiegen kann. Bevor die Kleinen doch noch auf Ideen kommen...

„Greta Grünlich und das Sommerschloss“ ist übrigens eine gut geeignete Geschichte, die man mit den Kindern lesen kann, bevor man selbst einen Ausflug zu einem Schloss unternimmt.

Denn Punti und ich haben im letzten Sommer eine Führung durch die Alte Burg in Meersburg besucht; an dieser Führung nahm auch eine Familie mit drei Kindern teil. Die Tochter war schätzungsweise drei oder vier Jahre alt; die beiden Zwillingssöhne schienen nur ein, zwei Jahre älter zu sein. Diese Kinder waren dermassen begeistert, verfolgten die Führung mit Interesse, hörten sich alles aufmerksam an und schauten sich alles ganz genau an, dass es sämtlichen anderen Teilnehmern der Führung schon komisch vorkam. Immerhin handelte es sich bei der Tour um keine spezielle Kinderführung oder Ähnliches.
Die Mutter der Kinder erwähnte später aber, dass ihr Mann den Kindern am Vorabend eine spannende Geschichte erzählt hatte, in dessen Mittelpunkt ein sympathisches Schlossgespenst stand, so dass die Kinder letztlich davon überzeugt waren, dass in der Meersburg sicherlich auch ein ganz liebes Schlossgespenst haust, welches sich eventuell sogar mal blicken lässt, wenn es nur merkt, dass man sich tatsächlich für sein Zuhause interessiert... (Wir haben übrigens keinen Geist in der Alten Burg erblickt; meines Wissens nach ist die Meersburg auch nicht als Spukort bekannt!)
„Greta Grünlich und das Sommerschloss“ könnte in dem Sinne also vor anstehenden Schloss-/Burgbesichtigungen auch das kindliche Interesse wecken, ob es dort Geheimgänge oder putzige Drachen zu entdecken gibt.

Wie gesagt: „Greta Grünlich und das Sommerschloss“ besitzt keine besondere Tiefe; es ist einfach nur leichte Kost zur Unterhaltung der Kinder. Als Zielgruppe würde ich die 3-5Jährigen zählen, wobei sich „Greta Grünlich und das Sommerschloss“ aber auch durchaus noch als Erstlesebuch eignen sollte.

Über das ebook ist nun zu sagen, dass es hier zwischen den meisten Absätzen Leerzeilen gibt: das mag man oder man mag es nicht. Viele Menschen stören sich daran; mich stören Leerzeilen lediglich, wenn sie nach jedem Satz vorkommen, was hier nun nicht der Fall ist.
Da es sich bei „Greta Grünlich und das Sommerschloss“ um ein Kinderbuch handelt, finde ich es eigentlich sogar ganz gut, dass die Absätze hier durch Leerzeilen voneinander getrennt sind. Denn lässt man tatsächlich einen Leseanfänger das Buch lesen, welcher vom Lesen noch nicht so begeistert ist, wirkt die Geschichte so ein wenig entzerrter und man kann auch ganz gut mit „Du liest einen Absatz und ich lese dann das nächste Päckchen!“ arbeiten. Da einige wenige Absätze tatsächlich nur aus einen oder zwei Sätzen bestehen, kann sich der Lesemuffel sogar freuen, wenn er mal mit so einem kurzen Leseabschnitt davonkommt...

Grafiken sind hier übrigens nicht enthalten, aber daraus ergibt sich gleich die nächste Freizeitbeschäftigung für das Kind: ein passendes Bild zur Geschichte malen.

Ich habe Arwyn Yales „Greta Grünlich und da Sommerschloss“ vor einer Woche als Gratis-Angebot bei Amazon heruntergeladen; auch heute ist die Geschichte dort noch kostenlos erhältlich und ohnehin scheint es sich bei den „null €uro“ um den Regelpreis zu handeln. Zumindest ist diese Gratis-Offerte nicht als Sonderangebot ausgepriesen: eine Fehlinvestition kann man hier also kaum tätigen.
Schlussendlich erhält man hier einfach eine nette, kleine Kindergeschichte!  

8 von 10 Rauschmitteln

Buch-Info

"Greta Grünlich und das Sommerschloss", Arwyn Yale / Bookrix / ebook (am 29.03.2013) kostenlos via Amazon

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