Samstag, 6. April 2013

Ronald F. Currie: "Gott ist tot"

[Bücher-ABC 2013] „Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet!“, so dereinst Nietzsche („Die fröhliche Wissenschaft“, Aphorismus 125). Aber „Gott ist tot“ ist zugleich auch der Titel eines vor fünf Jahren erschienen Romans von Ronald F. Currie und in diesem Fall hat man den englischsprachigen Originaltitel („God is dead“) tatsächlich wortwörtlich übersetzt.
Gottes Tod ist aber auch immerhin tatsächlich der rote Faden, der sich durch diese Erzählung zieht – und dass Gott tot ist, darf man in diesem Fall tatsächlich wortwörtlich nehmen: Gott war wirklich. Doch Gott ist tot, getötet durch Menschenhand...

„Gott ist tot“ - und was bleibt?

In Gestalt einer Nomadin kommt Gott unerkannt auf die Erde hinab, inmitten eines afrikanischen Kriegsgebietes, wo er dem Bürgerkrieg bald zum Opfer fällt. Aufgrund gewisser Umstände (die sehr skurril anmuten und doch reichlich unglaubwürdig daherkommen) wird kurz nach Gottes Tod allerdings bekannt, dass Er die unscheinbare Frau gewesen ist – und nun eben tot ist.

„Gott ist tot“ verfolgt nun keine einzelne Geschichte, sondern nach dem Romanbeginn, an dem Gott sterben musste, werden einzelne und zudem zueinander zeitversetzte Episoden erzählt, die teils vollkommen unabhängig voneinander sind, teils aber auch miteinander zusammenhängen... Aber sämtliche dieser Folgen beschreiben, wie sich das Leben bzw. die Welt weiterentwickelt, wenn zweifelsohne feststeht, dass es keinen Gott (mehr) gibt: Resignation, Aufstände, die Suche nach neuen „Gottheiten“, das Finden neuer Kriegsgründe...

„Gott ist tot“: Latti hat`s gelesen

Bereits der Romananfang machte es mir nicht leicht: ich habe einfach nicht verstanden, warum Gott nun wirklich Menschengestalt angenommen hatte und wieso Er sich da als Zivilistin in ein Kriegsgebiet begibt. Das wirkte auf mich ein bisschen so als habe Gott die Welt komplett aufgegeben und wolle sich aus dieser Resignation heraus umbringen lassen.
Laut Kurzbeschreibung kam Gott auf die Erde, um sich für seine Machtlosigkeit zu entschuldigen, aber aus dem Buchinhalt heraus hat sich dies mir nicht erschlossen.
Die Erklärung, wie die Menschen realisiert haben, dass sie Gott getötet hatten, war mir auch zu hanebüchen, aber mir fiele nun auch keine bessere Methode ein, den Menschen klarzumachen, dass es sich bei einer Leiche tatsächlich um Gott handelt, von daher... Nichtsdestotrotz blieb ein fader Beigeschmack zurück.

Die Grundidee des Romans (was, wenn den Leuten bewusst wird, dass Gott tatsächlich real war? Was, wenn ihnen bewusst wird, dass Gott nicht länger existiert?) hat mir prinzipiell gefallen, aber ich konnte mich kaum in die Geschichte einfinden, da es hier eben auch nicht „die“ Geschichte gab. Im Nachhinein finde ich diese Form der Episodenerzählung gar nicht so schlecht, da sich in ihr auch widerspiegelte, wie zerstückelt die Welt nach dem Bekanntwerden von Gottes Tod war.
Aber man konnte sich so nicht mit den Figuren identifizieren und man lernte auch niemanden wirklich näher kennen: Currie beschränkte sich hier eher auf Momentaufnahmen aus dem Leben einzelner Menschen, die darauf schliessen liessen, wie kaputt die Gesellschaft zum jeweiligen Zeitpunkt war.
Das Lesen erforderte zudem ein gewisses Grundmass an Konzentration, da Episode auf Episode folgte, aber keinerlei Zeiten genannt wurden: man musste sich also aus dem Inhalt heraus erschliessen, wieviel Zeit nun schon seit Gottes Tod vergangen war und teilweise merkte man auch erst inmitten eines solchen Kapitels, wie Figuren aus dieser Folge mit Personen aus einer vorangegangenen Episode verbunden waren. Allerdings gab es auch vollkommen voneinander unabhängige Episoden.

„Gott ist tot“ kommt ohne jedwede Erklärungen aus: es wird sich auf die Beschreibung des jeweiligen Ist-Zustandes beschränkt.
Da hier aber einzelne Personen in den Vordergrund gestellt werden, deren Leben so eben in Ausschnitten gezeigt wird, bleibt „Gott ist tot“ weitgehend ein Ratespiel. Wie sieht es woanders aus, wie gestaltet sich die globale Politik...?
Von daher blieb mir Ronald F. Curries „Gott ist tot“ doch zu sehr an der Oberfläche und bot zuwenig Substanz, obschon ich es nicht ungern gelesen habe. Allerdings hoffte ich bis zuletzt, dass doch mal irgendein Protagonist näher vorgestellt, dass mehr aus seinem Seelenleben preisgegeben und vor Allem, dass mal eine komplette Lebensgeschichte erzählt werden würde. Der Inhalt von „Gott ist tot“ blieb dann doch eher stichpunktartig, ein grobes Exposé, und ich hätte mir einfach etwas mehr an Ausformulierung gewünscht.

Ich finde die hinter diesem Werk stehende Idee durchaus interessant, aber die Umsetzung ist mir doch zu larifari. Von daher war ich schon ein wenig enttäuscht, hatte ich mir von „Gott ist tot“ doch einfach mehr versprochen. Tja, „Gott ist tot“ und was bleibt, ist eine mittlere Empfehlung von mir mit

5 von 10 Rauschmitteln


Buch-Info

"Gott ist tot", Ronald F. Currie/ Goldmann Verlag / ISBN-10: 3442470501 / ISBN-13: 978-3442470501 / 224 Seiten / 6,99€ (ebook) / Printbuch nur noch vereinzelt neu erhältlich
Preise (vom 06.04.2013) in der Schweiz: ex libris – CHF 9,50 (Taschenbuch); CHF 7,90 (ebook) / Thalia – CHF 14,90 (Taschenbuch); CHF 8,00 (ebook) / Weltbild – CHF 9,00 (ebook)

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